Haushaltsrede der CDU-Fraktion im Rat der Stadt Lippstadt

Sehr geehrter Herr Bürgermeister, Frau Beigeordnete, verehrte Kolleginnen und Kollegen, liebe Bürgerinnen und Bürger unserer Stadt

 

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Politik schafft den Ordnungsrahmen der Gesellschaft. In allererster Linie eröffnet sie dabei Möglichkeiten, setzt aber auch an verschiedenen Stellen Grenzen. Möglichkeiten und Grenzen, die nur an einer einzigen Sache orientiert sind: dem Gemeinwohl. Für mich ganz persönlich spielen dabei Werte wie Solidarität aber vor allem auch Subsidiarität eine herausgehobene Rolle. Solidarität in der Bürgerschaft und Subsidiarität von staatlichem Handeln gegenüber der Handlungsfreiheit des Einzelnen. Auch die finanzielle Handlungsfreiheit ist damit gemeint. Diese Grundsätze dürfen sich zu keinem Zeitpunkt im Wege stehen.

Sie werden sich fragen, warum ich Ihnen an dieser Stelle von meinen politischen Grundüberzeugungen erzähle: Wir sprechen bei der heutigen Verabschiedung des Haushaltes unserer Stadt an vielen Stellen über Grenzen - um genau zu sein: über finanzielle Grenzen – aber auch über Möglichkeiten und letztlich natürlich in der Summe über das Gemeinwohl.

Die im November eingebrachte Form des Haushaltes konnten wir aus verschiedenen Gründen nicht mittragen und ich bin sehr froh über die seitdem geführten Gespräche und Beratungen zwischen Politik und Verwaltung.

Ein Glück also, dass es Kommunalpolitik gibt und wir heute gemeinsam mit der Verwaltung dafür sorgen, den Bürgern unserer Stadt einen Haushaltsplan für das Jahr 2016 vorzulegen von dem wir zumindest sagen können: Nicht gut, aber einigermaßen ok.

Die diesjährigen Haushaltsberatungen waren bestimmt vom Vorschlag der Verwaltung, die Grund- und Gewerbesteuern nicht unerheblich zu erhöhen. Dies ist seit dem Jahr

2008 nicht mehr passiert, wir sind also in den vergangenen 8 Jahren in Lippstadt ohne Steuererhöhungen ausgekommen. Das ist sehr erfreulich.

Im vergangenen Jahr zeichnete sich aber bereits bei der Anpassung der Elternbeiträge ab, dass wir die Einnahmen der Stadt dringend verbessern müssen. Leider sind Steuern und Gebühren die wesentliche wenn nicht einzige Komponente, bei der Verwaltung und Politik eigenverantwortlich über Verbesserungen der Einnahmen entscheiden können.

Aber gerade dabei steht das Gemeinwohl besonders im Fokus. Das ist bei aller haushaltspolitischer Verantwortung der Grund, warum wir jetzt nur eher geringe Steuererhöhungen vornehmen werden. Und um es deutlich zu sagen: Das hat ausschließlich mit politischer Überzeugung und angesichts eines immer noch hohen Defizits ist diese Entscheidung verbunden mit dem festen Willen, mittelfristig eine schwarze Null nicht nur auf Bundes- sondern auch auf kommunaler Ebene schreiben zu können.

Doch all das beantwortet die Frage nicht: Warum kommt die Stadt mit dem ihr zur Verfügung stehenden Geld nicht aus und warum sollen die Bürgerinnen und Bürger jetzt mehr bezahlen?

Ich möchte an dieser Stelle nicht auf das Land schimpfen, wobei das eigentlich berechtigt wäre und viel zur Erklärung der strukturellen Unterfinanzierung und haushaltspolitischen Schieflage vieler Städte und Gemeinden in Nordrhein-Westfalen beitragen könnte. Ich möchte heute viel mehr darstellen, warum wir die Lippstädter Bürgerinnen und Bürger bitten, künftig einen etwas größeren finanziellen Beitrag zum Gelingen unserer gemeinsamen Vorhaben zu leisten.

Eine Bemerkung vorab: Schon mehrfach habe ich gefordert, den Haushaltsplan auf die sprichwörtliche Bierdeckelgröße zu reduzieren. Ich habe hier zwar keinen Bierdeckel, aber zwei DIN A4-Seiten, auf denen aus meiner Sicht viele wichtige Infos zum Haushalt 2016 stehen. Ein engagierter Bürger hat mir das dankenswerterweise zur Verfügung gestellt, weil er meine Meinung dazu teilt: Ich bitte daher nochmal darum, künftig im Rahmen der erforderlichen Transparenz von Politik und Verwaltungshandeln den Haushalt verständlich und in einfacher Sprache für alle nachvollziehbar zu machen. Der Haushaltsplan nimmt immer mehr die Form des Orakels von Delphi an. Und das hat sich mit der Umstellung auf die neue Darstellung noch verschärft. Viele tiefergehende Informationen sind auf den ersten, aber auch auf den zweiten und dritten Blick nicht ersichtlich. Das führt zu einer immer schlechteren Lesbarkeit des Haushaltsplans.

Ich habe aber anfangs über Grenzen und Möglichkeiten gesprochen, die Kommunalpolitik schafft. Lassen Sie mich daher zunächst über die Möglichkeiten reden, die uns allesamt finanziell herausfordern:

  • Wir haben in Lippstadt eine bemerkenswert gut aufgestellte Schullandschaft.

    Neben Gymnasium, Haupt- und Realschulen befinden sich u.a. eine Gesamtschule im Neubau und viele Grundschulen in städtischer Trägerschaft. Hier sind wir aufgerufen, hohe Standards für das höchste Gut der Gesellschaft - Bildung - bereitzustellen. Das umfasst notwendige Sanierungsmaßnahmen (wie aktuell zum Beispiel Dachsanierungen und Schulhofinstandsetzungen) genauso wie ständige Verbesserungen. Hier meine ich die Neueinrichtung von Physik- und Chemieräumen an der Edith-Stein- und der Drost-Rose Realschule, den Neubau der Schulmensa am Dusternweg, die Grundsanierung der Nikolaischule einschlißlich Turnhalle oder die Teilsanierung der Martinschule in Cappel . All das kostet viel Geld.
     
  • Durch finanzielle Unterstützung stärken wir den Sport, das kulturelle Leben sowie das Vereinsleben in Lippstadt. Die Neuanlage von Sportplätzen nach aktuellen Standards, den Neubau einer Sporthalle in Bökenförde sowie die Zuschüsse und finanzielle Unterstützung vieler Vereine und ehrenamtlicher Gruppen sind aus meiner Sicht nahezu pflichtig. Wir wollen uns das als solidarische Stadt weiter leisten - aber müssen das auch finanzieren.
     
  • Gleiches gilt für den Erhalt städtischer Immobilien wie des Stadttheaters: Hier ist unsere Haltung allerdings klar: Wir werden das Stadttheater sanieren, da wir der Meinung sind, dass es sich dabei um einen wertvollen Teil unserer Stadtkultur handelt. Hier finden sowohl Veranstaltungen der Stadt, von Lippstädter Firmen, Schulen und Kindergärten als auch viele Darbietungen der KWL für Groß und Klein, für Jung und Alt statt. Wir haben in Lippstadt keine Stadthalle und das Stadttheater ist schon deshalb nicht wegzudenken. Nach 40 Jahren ist die gute Stube der Stadt aber in die Jahre gekommen und benötigt eine Frischzellenkur: Aber 12 Mio Euro darf und wird die Sanierung nicht kosten. In der CDU-Fraktion hebt sich jedenfalls keine Hand, die Kosten von mehr als 8 Mio Euro für die Sanierung zustimmt. Das ist unsere rote Linie und wir glauben, dass wir für so viel Geld die notwendigen Investitionen in Brandschutz, Technik und auch kleinere Verbesserungen bestimmt realisieren können. Wir brauchen keinen "Palazzo di Protzo“, sondern ein westfälisch-bescheidenes Theater. Eben Lippstadt-like. Aber auch die angesprochenen 8 Mio Euro müssen finanziert werden und wir glauben, dass das eine gute Investition für alle Lippstädterinnen und Lippstädter ist. Auch um das zu realisieren brauchen wir einen Beitrag unserer Bürger.
     
  • Stichwort Personalkosten der Verwaltung: Natürlich sind die hoch, dafür ist die Stadt allerdings auch Dienstleister, Partner der Bürgerschaft und Servicegeber für alles rund um das Leben in unserer Stadt. Hier fängt der Mehrwert für alle an: Öffnungszeiten, Ansprechbarkeiten, Dienstleistungen. Wenn wir an dieser Stelle kürzen, spüren wir das alle unmittelbar. Ich will nicht ausschließen, dass wir künftig auch hier diskutuieren. Dieser Prozess muss aber nicht nur von der Politik, sondern auch von den Bürgerinnen und Bürgern mitgetragen werden.
     
  • Wir wollen mit dem uns zur Verfügung gestellten Geld unsere Straßen, Wege und Plätze weiter ausbauen und so die Lebensqualität weiter verbessern. Es geht unter dem Strich bei all unseren Anstrengungen darum, unsere hohen Standards weiter gewährleisten zu können. Das geht nur, wenn jeder einen etwas größeren Beitrag dazu leistet. Lassen Sie mich an meinem eigenen Beispiel darstellen, wie dieser Beitrag aus Sicht der CDU-Fraktion aussehen kann: Die Grundsteuer B soll von 420 auf 460 Hebesatzpunkte erhöht werden. Das bedeutet in meinem Fall als Eigentümer einer Doppelhaushälfte eine Mehrbelastung von etwa 3 Euro im Monat. Ich halte das für in Ordnung. Auch für Mieter, die in einem Mehrfamilienhaus noch deutlich geringer mehrbelastet werden. Ähnliches gilt für die Gewerbetreibenden: Die Anspassung um 10 Hebesatzpunkte wird keinen Betrieb aus unserer Stadt vertreiben. Etwa 60 Prozent der Gewerbebetriebe ist gar nicht von der Erhöhung betroffen, weil sie keine Gewerbesteuer bezahlen. Und von den 40 % der Steuerpflichtigen werden etwa 30 % nach der Erhöhung zwischen 10 und 230 Euro im Jahr mehr bezahlen müssen. Auch das halte ich für zumutbar.


Nun zu den Grenzen, die Kommunalpolitik im gleichen Atemzug setzt und hier aus meiner Sicht sogar setzen muss:

  • Mich bewegt sehr, dass uns als politisch Verantwortliche immer weniger Handlungs- und Gestaltungsspielräume bleiben und wir hier mehr und länger über Steuererhöhungen und immer weiter steigende Pflichtausgaben reden, als über die Verbesserung der Möglichkeiten für die Bürgerinnen und Bürger unserer Stadt. Am deutlichsten wird das für mich in letzter Zeit an der leidlichen Geschichte rund um das Westfälische Auenzentrum am Jahnplatz. Meine Fraktion und ich halten die Auenlandschaft für die schönsten Orte in unserer Stadt. Vom grünen Winkel bis in die Hellinghäuser Mersch zieht sich ein Band, was einzigartig ist. Einzigartig katastrophal ist aber die geplante Realisierung des Auenzentrums verlaufen: Ich sage daher an dieser Stelle: Jetzt muss Schluss damit sein und wir müssen das Heft des Handelns selber in die Hand nehmen. Ich möchte an dieser Stelle endlich verloren gegangene Handlungs- und Entscheidungskompetenz zurückgewinnen. Auch das ist übrigens gelebte Subsidiarität - wir wissen selber am besten, was uns gut tut. Eine Investition von bereinigt 1,2 Millionen Euro und laufende Kosten im sechsstelligen Bereich sind es aus meiner Sicht nicht und daher werben wir dafür, hier und heute einen Strich unter das Projekt Auenzentrum in der bislang geplanten Art zu ziehen. Schlüssigen Alternativkonzepten ohne hohe Anschub- und ohne hohe laufende Kosten stehen wir allerdings offen gegenüber.
     
  • Ausgehend zur Bitte an die Bürgerinnen und Bürger, einen Beitrag zur Handlungs- und Gestaltungskraft von Politik und Verwaltung zu leisten sind wir der Meinung, dass diese Bitte mit der glaubhaften Versicherung einhergehen muss, alle notwendigen Anstrengungen zum Sparen zu unternehmen.

    Daher möchten wir im Haushalt 2016 5 % aller städtischen Ausgaben mit Ausnahme von Pflichtausgaben, langfristig zugesagten Unterstützungen für Vereine und Ehrenamtliche sowie Aufwendungen unter 5000 Euro sperren. Das heißt: Wir fordern die Verwaltung zu Beginn des Jahres auf, bei den einzelnen Ausgaben genau darauf zu achten, wo gespart werden kann. Sollten 95 % der im Haushalt angesetzten Aufwendungen nicht ausreichen und die verbliebenen 5 % benötigt werden, so entscheidet der Rat im Einzelfall über die Freigabe der Haushaltsmittel und überprüft genau, ob das nötig ist, oder nicht. Ich halte dieses Vorgehen für ehrlich und transparent: Denn wenn wir auf der einen Seite etwas mehr Geld von den Lippstädterinnen und Lippstädtern zur Verfügung gestellt bekommen und auf der anderen Seiten sparen können, kommen wir dem Ziel der schwarzen Null ein Stück näher. Denn das muss unser Ziel sein: Ansonsten leben wir immer weiter von der Substanz und verzehren die allgemeine Rücklage. Das ist nicht die Politik der CDU und widerspräche der seit Jahren hier geübten haushaltspolitischen Verantwortung meiner Partei.

     

Wir verzichten in diesem Jahr ganz bewusst auf die Erfüllung „politischer Wünsche“. Auch wenn das für die Ortsteile und die Innenstadt sicher nicht schön ist, da so immer wieder Projekte realisiert wurden, die heute nicht mehr wegzudenken sind. Ich hoffe, dass wir hier im kommenden Jahr wieder mehr Handlungsspielräume haben werden.

Abschließend möchte ich mich bei allen Kolleginnen und Kollegen für die konstruktive Zusammenarbeit im vergangenen Jahr bedanken. Unsere Diskussionen sind bestimmt von dem Ziel, gemeinsam mehrheitsfähige Lösungen für unsere Stadt zu organisieren. Das soll auch 2016 so sein.

Und wenn ich noch einen Wunsch frei habe, dann möchte ich nach einem „Jahr der Flüchtlinge und Brücken“ wieder die Themen zu diskutieren, die wir in letzter Zeit zwangsläufig vernachlässigen mussten: Was wird aus der Investitionsplanung 2025, das Einzelhandelskonzept für die Einkaufstadt Lippstadt liegt im Entwurf vor, der Umsetzung des Mobilitätskonzeptes steht nichts mehr im Wege, der Stadthausneubau ist in der Pipeline, es geht um die weitere Entwicklung und Förderung von Sportzentren im Stadtgebiet, Neubau der Sporthallen in Bad Waldliesborn und am Jahnplatz, Lückenschluss der Jakob-Koenen-Straße zur Klosterstraße, Neu- und Umbau von Kindertagesstätten und vieles mehr. Unser Aufgabenzettel ist lang, das Thema Flüchtlinge ist und bleibt eine Daueraufgabe. Zur Zeit haben wir hier eine kleine Verschnaufpause: Aber was Verwaltung und Hilfskräfte hier leisten ist enorm und verdient unseren Dank und Respekt. Machen Sie weiter so!

In meinen Dank schließe ich alle Mitarbeiter der Verwaltung und der städtischen Gesellschaften ein. Ich sage Ihnen Dank nicht nur für die im abgelaufenen Jahr geleistete Arbeit, sondern auch für Ihren Beitrag zur Erstellung des vorliegenden Etatentwurfs.

Wir werden dem Entwurf der Haushaltssatzung für das Jahr 2016 mit ihren Anlagen unter Berücksichtigung unserer Ihnen vorliegenden Änderungsanträge zustimmen.

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