Diese Krise ist nur mit einer Stärkung der europäischen Idee zu bewältigen“, erklärte Hermann Kroll-Schlüter in der Lippstädter Jakobikirche. Der aus Warstein stammende Ex-Bundestagsabgeordnete für den Kreis Soest und ehemalige Staatssekretär im sächsischen Landwirtschaftsministerium hielt am Donnerstagabend die Festrede zum 70. Geburtstag der CDU im Kreis. Landrätin Eva Irrgang, den Ehrenvorsitzenden und Vize-Landtagspräsidenten Eckhard Uhlenberg, den Landtagsabgeordneten Werner Lohn, die Bürgermeister Christof Sommer (Lippstadt) und Malte Dahlhoff (Bad Sassendorf) sowie rund 150 Gäste aus den verschiedenen Stadt- und Ortsverbänden im Kreis Soest begrüßte Kreis-Vorsitzender Ansgar Mertens zu diesem Festakt.
Mertens erinnerte in seinen Grußworten an Gründungsväter der Kreis-CDU wie Carl Laumanns, Hubertus Schwartz, Otto Bölitz, Joseph Frey, Hans Schwade oder Alois Feldmann. Für sie sei es darum gegangen, Selbstbewusstsein und moralische Deutungshoheit zurückzuerlangen und am Aufbau des Landes mitzuarbeiten, deutete Mertens die Beweggründe dieser Männer an, nach dem Krieg eine Partei zu gründen. Als ganz große Leistung der Gründer bezeichnete er den „gelebten Unionsgedanken“: die Bildung einer Partei für Katholiken und Protestanten, für Stadt und Land, Arbeiter, Angestellte, Bauern, Unternehmer, Jung und Alt. Das sei damals der Anspruch einer Volkspartei gewesen. In den entscheidenden Momenten deutscher Politik, so Mertens weiter, seien Christdemokraten wie Konrad Adenauer, Helmut Kohl oder Angela Merkel bereit gewesen, Zukunft zu gestalten. Und angesichts der aktuellen Flüchtlingskrise sei man der CDU-DNA, dem Gedanken der Gründer und dem C im Parteinamen vielleicht nie näher gewesen als jetzt. „Unser C steht aktuell mehr denn je für Glaube, Nächstenliebe und Hoffnung“, erklärte Mertens.
Aber auch bei anderen Problemen habe sich die Partei Respekt erarbeitet. Mertens: „Die Ukraine-, die Griechenland oder auch die Finanzkrise haben die CDU zu einer Art FC Bayern der deutschen Politik gemacht.“ Maßgeblich an der politischen Willensbildung wirke die Partei schließlich auch auf Kreisebene mit. In allen Stadt- und Gemeinderäten stellt sie laut Mertens die stärkste Fraktion. Zudem gebe es derzeit keinen Bürgermeister mit einem anderen Parteibuch als dem der CDU. Die Ethik der Verantwortung stellte Hermann Kroll-Schlüter in den Mittelpunkt seiner Festrede. „Wir wissen um die Fehlbarkeit des Menschen und die Grenzen politischen Handelns. Gleichwohl sind wir davon überzeugt, dass der Mensch zur ethisch verantworteten Gestaltung der Welt berufen ist“, sagte der 76-Jährige. Die CDU sei keine Glaubensgemeinschaft, aber eine Wertegemeinschaft, die sich am christlichen Menschenbild orientiere. Kroll-Schlüter stellte in diesem Zusammenhang fest, dass sich die Grundstrukturen der Parteienlandschaft verändert beziehungsweise den Individualisierungsprozessen in der Gesellschaft angepasst haben. In der alten Republik habe es die Volksparteien gegeben, die inhaltlich für alternative Konzepte standen. Diese klaren Alternativen gebe es nicht mehr. Dafür gebe es viele Koalitionsmöglichkeiten. Die Parteien suchten daher nach neuen Wegen. „Programme bleiben wichtig, aber wichtiger denn je sind Personen, sind Persönlichkeiten. In dieser komplizierten Welt suchen die Menschen nach Orientierung.“, so der Warsteiner. Es sei deshalb wichtig, junge Talente zu fördern und so die Bereitschaft zur Verantwortung zu fördern. Denn für Kroll-Schlüter ist klar: „Freiheit braucht Verantwortung, Demokratie braucht Verantwortung.“ Seine Prämisse: Die Partei müsse eine Union der Subsidiarität sein. Denn Subsidiarität, so die Aussage seines ehemaligen Ministerpräsidenten Kurt Biedenkopf, sei die Verfassung der Freiheit. Kroll-Schlüters Fazit: „Wir wählen die Freiheit und damit die Menschenwürde sowie die Marktwirtschaft im vereinten Europa.“
Große Worte, an die gerade auch der Nachwuchs in der CDU große Erwartungen knüpft, wie eine Diskussion der Generationen im Anschluss an die Festrede deutlich machte. Die 2008 in die Partei eingetretene Lippstädter Ratsfrau Maike Strakerjahn traf dabei auf das seit 1957 mit Parteibuch ausgestattete CDU-Mitglied Werner Mushold. „Ich erwarte, dass von der CDU Lasten und Nutzen gerecht verteilt werden. Das politische Handeln muss generationengerecht und demografiefest gestaltet werden“, erklärte Strakerjahn auch mit Blick auf die Gesundheits- und Rentenpolitik.
Uhlenberg nimmt Merkel in Schutz Mushold vermisst derweil die klare Ansage der Bundesvorsitzenden. „Die CDU wurde unter Adenauer und Kohl straffer geführt. Das fehlt mir bei Angela Merkel. Es tanzen zu viele Politiker aus der Reihe.“ In seinem Schlusswort nahm Eckhard Uhlenberg die Kanzlerin in Schutz. Mit ihrem Stil stehe sie für die heutige Zielgruppe. Die Gesellschaft habe sich verändert, die CDU habe sich den neuen gesellschaftlichen Herausforderungen gestellt, betonte der Ehrenvorsitzende der Kreis-CDU. Auf eine Stufe stellte er Merkel mit Adenauer und Kohl. Er bezeichnete das Trio als „die drei prägenden Bundesvorsitzenden und bescheinigte schließlich auch der CDU im Kreis Soest, in den vergangenen 70 Jahren als stärkste politische Kraft Verantwortung getragen zu haben. ■ df
CDU 70 Jahre
Das christliche Menschenbild und das klare „Ja“ zu Europa sind die Fundamente der Partei. Seit mittlerweile 70 Jahren und aktuell nach Ansicht der Christdemokraten im Kreis Soest wohl so sichtbar wie selten zuvor.
„In dem Augenblick, in dem wir die Globalität in unserer Turnhalle haben, richtet sich der Blick wieder verstärkt auf den Nationalstaat."
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