„Wir haben uns angewöhnt, in der Debatte um Klimaschutz und Klimaziele nicht ehrlich zu argumentieren und sachlich zu fragen, welchen Preis wir bereit sind zu zahlen, um eine bestimmte Wirkung zu erzielen. Wir fragen weder nach Kosten noch danach, ob Ziele auch auf anderen, günstigeren Wegen zu erreichen sind. Wir müssen aber endlich dazu übergehen, Klimamaßnahmen anhand ihrer wirtschaftlichen und sozialen Auswirkungen zu bewerten, Abwägungsprozesse im Hinblick auf die Kosten und Wirkung zur CO2-Reduktion zu treffen, wie wir es auch sonst tun. Es geht darum, abseits von Phrasen und Floskeln, auf wirtschaftliche Rahmenbedingungen aufmerksam zu machen und sie in die Überlegungen miteinzubeziehen. Es ist das große Verdienst von Johannes Althoff, die Diskussion vom Kopf auf die Füße gestellt zu haben und wieder mehr Ehrlichkeit in die Debatte gebracht zu haben.
Zur Ehrlichkeit gehört ohne Zweifel, dass etwas zur Verringerung des CO2-Ausstosses getan werden muss. Wir wollen klimaneutral werden. Auch in Lippstadt. In diesem Ziel sind sich alle einig. Es geht aber um den Weg dorthin, es geht um die Herangehensweise. Wir wollen Klimaschutz, aber wir wollen ihn sozial und generationenübergreifend gerecht und wirtschaftlich verträglich. In den vergangenen Jahren haben wir auf diesem Weg deutschlandweit und in Lippstadt viel erreicht. Das Bundesumweltamt meldet, dass die Treibhausgas-Emissionen in Deutschland zwischen 1990 und 2022 um 40,4 Prozent gesunken sind. Die durch die Verbrennung fossiler Brennstoffe verursachten Emissionen aller Treibhausgase nahmen in Deutschland zwischen 1990 und 2022 um etwa 38 Prozent ab. Die Milliardenkosten verursachende Wärmewende führt übrigens zu einer weiteren Abnahme von 1,4 Prozent. Umweltökonomisch wäre es sinnvoller, dieses Geld in Ländern des globalen Südens zu investieren, der Effekt auf das globale Problem CO2-Emissionen und Klimawandel wäre ungleich größer.
Reden wir aber über Lippstadt. Zur Diskussion stehen 1, 4 Mrd. Euro, die sich aus 29 konkreten Einzelmaßnahmen ergeben, mit denen die Stadtgesellschaft belastet wird. Nicht aus-schließlich der städtische Haushalt, der für viele weit weg ist und Kosten zu oft auf zukünftige Generationen abwälzt, sondern jede Familie, jeder Bürger, vom Baby bis zum Greis, wird seinen Anteil daran zu tragen haben. Für eine vierköpfige Familie sind das schon 80.000 Euro. Alle, die politische Verantwortung in dieser Stadt tragen, sollten bei dieser enormen Belastung der Bürgerinnen und Bürger genau hinschauen und fragen, welche Ziele wir denn mit diesen enormen Summen erreichen und die Frage stellen, ob es nicht möglicherweise auch anders geht. Die CDU Lippstadt jedenfalls fasst nicht leichtfertig Beschlüsse, die Lippstädterinnen und Lippstädter über Generationen hinweg belasten und die im Hinblick auf ihre Wirksamkeit und ihre positiven Auswirkungen fraglich sind. Der Effekt, den wir in Lippstadt auf das Weltklima haben, das ist hoffentlich unbestritten, ist gleich null. Und es hilft uns in der Politik vor Ort auch nicht weiter, auf internationale Abkommen zu verweisen, schon gar nicht, wenn nicht alle Unterzeichner, insbesondere die größten Emittenten, auf das gemeinsame Ziel hinarbeiten. Und nein, damit sind nicht nur Russland und China gemeint. Die USA investieren gerade 369 Mrd. Dollar in ein sogenanntes Klimaschutzprogramm, dessen Effekt auf das Klima laut IPCC (Intergovernmental Panel on Climate Change) gegen null geht. Im Jahr 2100 wird nach IPCC-Modellen durch dieses Programm eine Temperaturreduktion von 0,0005 bis 0,016 Grad Celsius erwartet.
Seien wir also ehrlich: Dass wir das 1,5 Grad-Ziel erreichen, ist eher unwahrscheinlich. Das heißt nicht, dass wir die Hände in den Schoß legen können, aber es bedeutet, dass es an der Zeit ist, nicht nur das eigene Gewissen zu beruhigen und aus einer Position der moralischen Überlegenheit zu argumentieren („Irgendwer muss ja anfangen“), sondern bei allen Investitionen wirtschafts- und finanzpolitischen Sachverstand walten zu lassen, insbesondere dann, wenn sie die Bürgerinnern und Bürger unserer Stadt zur Kasse bitten.
Die Argumentation, dass die Folgen der Klimakatastrophe teurer als jedes Klimaschutzpro-gramm sei, ist zum Teil richtig. Der Hinweis auf die Kosten der Flutkatastrophe im Ahrtal dagegen völlig falsch. Es hätte dem Kreis Ahrtal nämlich nichts genützt, klimaneutral zu sein. Die Flutkatastrophe hätte auch einen klimaneutralen Kreis getroffen. Das Problem ist global und wird global gelöst, oder eben auch nicht. Es wird aber weder im Ahrtal noch in Lippstadt beeinflusst. Richtig ist es aber, sich mit möglichen Folgen zu beschäftigen und Geld zu investieren, um sich häufiger auftretenden Extremwettereignissen anzupassen, Schutzmaßnahmen zu ergreifen und Klimawandelvorsorge zu betreiben. Der „Klimaanpassungs-Check für Kommunen in NRW“ des Ministeriums für Umwelt, Naturschutz und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen gibt hier wichtige Hilfen. Seien wir so ehrlich und stellen fest, dass vorhandene Ressourcen, etwa Arbeitskraft, begrenzt ist, vorhandenes Geld nur einmal ausgeben werden kann. Das gilt für die Stadt, das gilt für jede Lippstädter Familie.
Das Maßnahmepaket der 29 Einzelmaßnahmen zur Klimaneutralität werden wir uns als CDU sehr genau ansehen und die Belastungen für die Bürgerinnen und Bürger analysieren. Das Ergebnis wollen wir dann mit allen Fraktionen besprechen und laden gerne dazu ein. So sehr wir bürgerschaftliches Engagement schätzen, sind es nicht die Lobbyisten für den Klimaschutz, die die politische Verantwortung zu tragen haben, sondern die gewählten Ratsvertreter. Die CDU nimmt diese Verantwortung ernst.“